Archiv des Autors: Isabella

Auf Asylsuche im Val S-charl

An einem wunderschönen sonnigen Morgen machten sich also Sandra und ich auf nach S-charl. Das Strässchen schlängelte sich durch das beeindruckende Val S-charl. Ringsum nichts als Natur, ungestört und in ursprünglichem Zustand. Links und rechts türmen sich Berge mit klangvollen Namen wie Piz Madlain, Piz Mingèr und Piz Pisoc. Die Clemgia bahnt sich ihren Weg durch das erst enge, dann aber weiter werdende Tal. Okay, das war jetzt vielleicht ein wenig zu schwülstig- trotzdem: Es war einfach traumhaft! San Jon’s Slogan „Es muss nicht immer Canada sein“ trifft den Nagel auf den Kopf. Den Mulis gefiel es auch, ihr Schritt war beschwingt und rassig, die Öhrchen gespitzt. Einzige Sorge an diesem Tag war die um unser Nachtlager. Den Senn der Alp Astras konnte ich nämlich nicht erreichen… Eine andere kleine Sorge war vielleicht auch die, die unser Magen uns kommunizierte. Hunger! Da kam das Gasthaus Mayor in S-charl genau richtig. Wir konnten die Mulis vor dem Gartenrestaurant in Sichtweite anbinden und befreiten sie vom Gepäck. Ich genehmigte mir Tatsch engiadinais, was vorzüglich schmeckte. Bei der Bedienung erkundigte ich mich nach den Leuten der Alp Astras. Ich wurde zum Chef verwiesen, welcher unverzüglich zum Telefonhörer griff und zwei Damen mit zwei Maultieren auf Alp Astras anmeldete. Mir blieben nur ein offener Mund, Glotzaugen und ein riiiiesiges Dankeschön- so viel Hilfsbereitschaft ist nicht selbstverständlich. Deshalb empfehle ich an dieser Stelle gerne das Gasthaus Mayor. Dies nicht nur wegen der Freundlichkeit, auch das Essen war ausgezeichnet. Sandra ist wohl heute noch neidisch auf meinen Tatsch 😉 . Gestärkt und mit neuer Energie wanderten wir weiter. Ich genoss jede Sekunde in dieser einmalig schönen Landschaft. Meine Mulis genossen jede Sekunde, während der sie vom einmalig guten Gras mampfen konnten… Durch den God da Praditschöl, vorbei an Tamangur (dem höchstgelegenen Arvenwald in Europa) gelangten wir zur Alp Astras. Dort wurden wir freundlich empfangen und als die Bewohner dieser wunderschön gelegenen Alp merkten, dass wir ganz nette Ladies sind, bekamen wir sogar das Gästezimmer angeboten!

Ganz links ist unser Tagesziel sichtbar- Alp Astras

Ganz links ist unser Tagesziel sichtbar- Alp Astras

Poah, ging es uns gut! Die Mulis nahmen die Wiese rund um den Kuhstall in Beschlag und wir unser herziges Zimmer in der Alphütte. Ja, und dann tauten die Südtiroler noch ganz auf und luden uns zu einem Schnaps und zum Grillieren ein. Der Abend wurde dann noch ziemlich lang und lustig. Am lustig hatte nicht zuletzt die Sprache ihren Anteil: Wer weiss schon, was ein Oachkatzlschwoaf ist? 🙂

Der heilige Jon

Da waren wir nun, im schönen San Jon (jaja, der heilige Jon!). Ich habe schon viel gelesen und gehört über San Jon und tatsächlich, die Stimmung auf dem Hof ist wirklich sehr schön. Ich genoss ein ausgiebiges Frühstück mit meiner Zimmernachbarin (hei nomol, den Namen hab ich vergessen, melde dich doch bei mir, wenn du dies zufällig liest… :-)). Dann wandte ich mich praktischeren Dingen zu. Die –untertrieben- etwas müffelnden Kleider mussten wieder einmal gewaschen werden. Unglaublich, welch ein Dreck da zum Vorschein kam! Dies aber nur als kleines Detail am Rande… Anschliessend führte ich die Mulis zu einem Spaziergang in die Wälder rund um San Jon aus. Als ich zurückkam, machte ich die Bekanntschaft mit drei anderen Wanderreiterinnen, die mit ihren Isi’s von Ftan ins Val Müstair ritten und wieder zurück. So verging auch die Mittagszeit wie im Flug und prompt verpasste ich das Postauto nach Scoul. Ich wollte nämlich Sandra, meine Mitwanderin für die nächsten Tage, abholen. Also machte ich mich zu Fuss auf den Weg und fand Sandra nach etlichen Telefonaten bei der Postautohaltestelle. Wir kauften Proviant für die nächsten Tage ein und nahmen das letzte Posti nach S-charl. Gut so, denn wenn wir bei 32 Grad den Berg hochlaufen hätten müssen, wäre Sandra wohl auf der Stelle umgekehrt! Zurück in San Jon machten wir uns ans „puffen“, d.h. wir sortierten unser Gepäck. Schlussendlich blieb ein voller Rucksack mit überzähligen und weniger wichtigen Dingen übrig. Den durften wir freundlicherweise für einige Zeit in San Jon parkieren. Men Juon versorgte uns noch mit hilfreichen Tips zur Route und gab uns die Telefonnummer von einem Senn auf der Alp Astras, welchen wir um Asyl beten konnten für die nächste Etappe.

Unsere Nachtruhe wurde nur durch ein kurzes, aber heftiges Gewitter unterbrochen.

Kindheitserinnerungen in Scuol

Nachdem wir drei uns wieder aufgewärmt hatten, zottelten wir los. Mira und Fridolin waren ganz lieb und passten sich meinem Tempo mehr oder weniger an. So musste ich Mira nicht bremsen und Fridolin nicht ziehen. Wir wanderten zügig in Richtung Ftan, wobei wir von mindestens 497 Velofahrern überholt wurden. Daran werden wir uns gewöhnen müssen… Nach Ftan machten wir eine gediegene Mittagspause unter Lärchen, die uns kostbaren Schatten spendeten. Auf der gegenüberliegenden Talseite war schon unser Tagesziel San Jon zu sehen. Dazwischen lag aberMulitour 2009_ (473) noch ein Abstieg von etwa 600 Höhenmetern und ein erneuter Aufstieg von etwa 300 Höhenmetern. In Scuol wurden bei mir etliche Kindheitserinnerungen wach: Tanter Dossa- das Haus hat mich schon als Kind fasziniert, die Ziegen sind immer noch da! Diese Gasse kenn ich doch- da vorne war der Metzger! Und nach der Brücke habe ich damals den riesigen Stein mit dem munzigen Kristall drauf ausgegraben… Und sogar vor unserer Wohnung stand ich- natürlich hat’s ein Foto davon gegeben…

Auch an die gedeckte Holzbrücke in Gurlaina erinnerte ich mich. Gleich anschliessend folgte der steile Aufstieg nach San Jon. Ob die Mulis wohl der vielen Pferdebollen wegen so schnell waren? Ich kam ganz schön ins Schnaufen… In San Jon wurde den Langohren eine Weide zugeteilt, welche Fridolin subito auf ihre Ausbruchssicherheit testete. Schwupps, war er unter dem Zaun durch. Somit durfte ich meine Zaunpföstchen auspacken und den beiden eine kleinere Weide abstecken. In dieser blieben sie dann brav und dankbar im Schatten.

Ein feiner Znacht draussen vor dem Saloon rundete einen gelungenen Tag perfekt ab.

Flesspass

Die Fast-Ausbrecher Mira und Fridolin guckten uns heute Morgen fröhlich durch Nebelschwaden entgegen. Nach einem üppigen Frühstück und rekordverdächtig schnellem Packen liefen wir los. Der Hüttenwart versicherte uns, dass das Wetter besser werden würde. Er hatte recht. Nach der ersten Kurve schien die Sonne! Unterwegs zum Pass mussten wir uns einer Horde halbwilder Pferde stellen, die entschlossen den Bach überquerten um die Eindringlinge zu mustern. Mit Geschrei wurden wir sie nicht los. Also schlichen wir mit schnellen Schritten davon (wahrscheinlich wurden wir eher dazu getrieben). Das rettende Tor war glücklicherweise bald erreicht und wir setzten unseren Weg fort. Der zweite Prüfstein heute war die Überquerung eines wild schäumenden Baches, welche wir auch glücklich überstanden. Fridolin suchte sich seinen Weg wieder einmal ganz selbstbewusst alleine. Dass meine Crocs heute nicht im Bodensee schwimmen verdanke ich Cynthia, die sie blitzschnell und geistesgegenwärtig gerettet hat! Die dritte Prüfung war der kaum vorhandene Weg zur Passhöhe. Mitten im Bach und über ein Schneefeld kamen wir aber glücklich zum Ziel. Beide Mulis mussten ihre Beinchen sehr gut sortieren, wobei das grössere für einmal mehr Mühe bekundete. Es hat seine Beinchen aber von Schäden aller Art bewahrt und konnte mit uns das Erreichen der Passhöhe feiern.Unter Bergsteigern wird bekanntlich gesagt, dass der Berg erst geschafft ist, wenn man wieder im Tal ist. Daran dachten wir auch und machten uns an den Abstieg. Dieser ging über viele Altschneefelder, welche uns ein rasches Vorankommen ermöglichten.

Mulitour 2009_ (358)

Bald schon kamen wir zur Strasse, welche über den Flüelapass führt. In Röven genehmigten wir uns eine tolle Mittagspause inmitten von Frösch(ch)en. Unmittelbar nach dem erneuten Aufpacken und Loslaufen wartete noch Prüfstein Nummer 4. Der Wanderweg war infolge Rüfenniedergang gesperrt und wir durften der Passstrasse entlang wandern. Sportwagenrennen, Lastwagen, wahnsinnige Töfffahrer- all dem boten wir die Stirn und kamen gesund und glücklich in Susch an! Dort fand sich für mich wie von Zauberhand ein tolles Quartier, das Hotel Steinbock- mit Pferdeboxen für die Mulis! Und wunderschön passend rauschte Steivan, mein lieber Spielpädagogenkollege, in seinem glänzend grünen Autöli um die Kurve. Welch ein Zufall, welch ein Wiedersehen! Wir setzen uns gleich für einen alkoholfreien Drink in die Gartenbeiz, wo er mir viele Geheimtips für Übernachtungsmöglichkeiten im Engadin preis gab. Cynthia musste sich leider bald von mir verabschieden, da sie für den nächsten Tag als Medaillen-Girl für den Swiss Alpine Marathon gebucht war.  Ich wusch einige Kleider, verwöhnte die Mulis und genoss eine warme Dusche, während draussen ein beeindruckendes Gewitter tobte. Es ging uns allen wirklich „chaiba guat“! Ein perfektes Timing…

Chloschters retour (aber nur fasch)…

Kleines Update: Fridolin und Mira stehen glücklich, zufrieden und satt bei uns im Bongert (Garten? Wiese mit Obstbäumen? Baumgarten!) in Filisur. Doch ich möchte nicht vorgreifen, sondern mache schön der Reihe nach. Wo ist der Erfinder und Schreiber von diesem Blog stehen geblieben? Momentan klettert er im Tessin, was sich für die nächsten zwei Wochen auch nicht ändern wird. Deshalb übernehme ich nun den Job des Schreiberlings, zumal ich wieder in der Zivilisation bin.

Klosters… Ein frühes Aufstehen hat uns diesmal gar keine Mühe bereitet. Cynthia und ich haben die Mulis im Eiltempo geputzt, gesattelt und bepackt. Klosters verliessen wir relativ unbemerkt, da sich während den frühen Morgenstunden noch kaum Touristen auf den Strassen tummelten. Wir wanderten rasch der Landquart entlang in Richtung Monbiel. Der Weg war interessant, mit allerlei Infotafeln zu Unwettern und dergleichen bestückt. Später wurde der Weg dann sogar auch noch wunderschön. Das Gebiet um die Alp Novai gefiel uns allen gut. Die Mulis hatten aber wohl eher Gefallen an den feinen Kräutern als an der schönen Aussicht. Bald wurde der Weg steiler und wir gewannen rasch an Höhe.

Cynthia und Fridolin verstehen sich gut

Cynthia und Fridolin verstehen sich gut

Der Vereinabach tobte im Bachbett nebenan- eine Abkühlung wäre bei den warmen Temperaturen willkommen gewesen… Die geschätzten 294 Biker, welche uns überholt haben, hatten eher wenig Blicke übrig für die herrliche Bergszenerie. Und wie aus dem Nichts sahen wir von Weitem das Berghaus Vereina auf dem Hügel thronen. Das Ziel war nun nahe und wir liessen keinen Biker mehr an uns vorbei. Doch, dem einen Herrn, der uns in Malans schon gesehen hatte, gewährten wir den Vortritt. Im Berghaus gönnten wir uns erst mal einen Zmittag. Dann machten wir uns auf die Suche nach einem Übernachtungsquartier. Die Mulis wurden subito auf einer Alpweide bei netten Älplern untergebracht. Wir liessen uns noch Zeit für die Entscheidung Zelt oder Berghaus. Da wir irgendwie noch nicht genug Bewegung hatten, begleiteten wir die Älplerin zu den Pferden, welche auf etwa 2200 Metern über Meer ihren Urlaub genossen. Ein schönes Bild! Dutzende Pferde, von gross bis klein, alle Farben, mit vom Winde zerzausten Mähnen. Wir wähnten uns in Island… Ja, auch das Wetter wurde eher isländisch und machte uns die Entscheidung fürs Berghaus ganz einfach. Wir durften uns grad zum Znacht hinsetzen, welcher einerseits sehr fein (dank dem Koch) andererseits ganz lustig (dank der männlichen Servierdüse) war. Bis der Koch kam und uns fragte, ob unsere Mulis folgsam, gehorsam und artig seien. Sie wären unterwegs nach Klosters… Horrorvorstellungen von durchstartenden, Funken sprühenden Hufen und dazugehörigen Tieren machten sich in meinem Kopf breit! Und tatsächlich, als ich zum Fenster hinaus schaute, sah ich Mira und Fridolin in vergnüglichem Trabe verdächtig nahe der Strasse. Nichts wie hinterher, mit einem Stück trockenem Brot bewaffnet! Die vermeintlichen Ausreisser stellten wir in der Nähe des Zaunes. Die schnelle Gangart der Tiere war der Tatsache zu verdanken, dass die Wiese sumpfig war und beide Schlamm, Matsch und Sumpf gar nicht goutieren. Mira und Fridolin kamen dann in den Hochsicherheitstrakt, sprich, wir stellten sie zur Clubhütte. Diese Hütte war mit einem massiven Holzzaun umgeben, welchen wir auch noch unter Strom stellten. Natürlich gaben wir noch ein wenig Wiese als Zugabe, denn mit Wasser und Brot können selbst Mulis nicht auskommen. Die Nacht im Knast versprach recht angenehm zu werden.

Cynthia und ich schliefen nach einem Schlummertrunk einen geruhsamen Schlaf in der Villa Holzschopf.

Was lange währt…

… ja, endlich, es wird gut! Nach einer stressigen Zeit in der Schule sind die Sommerferien eine richtige Wohltat. Ich weiss, Lehrer haben genug davon… Trotzdem haben wir unser Reisli verdient- wobei die Mulis noch gar nichts von ihrem Glück wissen. Das kommt dann spätestens morgen beim Zoll, wenn beide mehr oder weniger laute Heimwehlaute von sich geben werden. Ich bin aber sicher, dass beide sich dann mit Moreno und Dottla von Karol anfreunden  und als Ersatz von Rado und Co . anerkennen werden.  Zuerst haben wir aber noch die 1. Schweizer Schönheitskonkurrenz  der Maultiere in Fehraltorf mit rot  in der Agendaeingetragen . Oder war es das 20-Jahr-Jubiläum der IG Maultier? Egal, meine beiden sind sowieso die schönsten, tollsten, bravsten, lustigsten, intelligentesten etc. Mulis, die es gibt! 🙂